Liebe Sternenfreunde,
hier eine erste Rückmeldung der Riesaer Sternencrew aus dem Kennedy Space Center.
Nach einem endlos erscheinenden Tag wurden wir Zeuge des letzten Space Shuttle Starts und waren live vor Ort dabei. Nach über 10 Stunden im Flugzeug und fast noch einmal genauso vielen Auto – und Busstunden, waren wir am frühen Morgen des 8.Juli 2011 endlich auf dem Kennedy Space Center Besucherkomplex angekommen. Hunderte Busse, tausende Autos und zehntausende Menschen waren überall rund um den Weltraumbahnhof zu finden. Das KSC war bereits in den frühesten Morgenstunden für die Gäste geöffnet und hatte alle Shops, Restaurants und Sehenswürdigkeiten für die Gäste parat.
Offiziell ist der Start für 11:26 Uhr EDT (Florida Sommerzeit) angesetzt und aus Sicherheitsgründen wird das gesamte Gelände des KSC 6 Stunden vor dem Liftoff geschlossen. Wer also an diesem Tag nicht vor 5:30 Uhr im KSC war, kam dann auch nicht mehr rein, um von da aus den Start sehen zu können. Doch wir waren überpünktlich vor Ort, denn erfahrungsgemäß war auch auf den Straßen viel Verkehr und Staus zu erwarten, so dass wir gegen halb 2 a.m. zeitig genug los sind. Doch bis zum Start war noch etwas Zeit. Erst um 8 Uhr konnten wir zum Causeway gelangen. Dieser sehr begehrte Platz zum Beobachten von Shuttle Starts ist innerhalb des KSC Geländes und kann ohne spezielle Zugangstickets nicht erreicht werden. Von da aus hat man den am nächsten möglichen Aussichtspunkt überhaupt. Nur noch die Pressetribüne ist näher gelegen.
Am Causeway angekommen warteten wir zusammen mit tausenden Menschen auf den Moment des Liftoff. Noch am frühen Morgen starteten wir bei strömenden Regen aus Orlando. Im KSC angekommen war das Wetter zwar trocken, aber der Himmel stark bewölkt (wie man am Bild des Rocket Garden erkennen kann – dort sind sogar die Raketenschatten auf den Wolken zu erkennen) und ab und zu vielen Tropfen. Auf dem Weg zum Causeway war es immer noch stark bewölkt, doch gegen 10 Uhr begann sich die Wolkendecke zu lichten und an einigen Stellen kam der blaue Himmel zum Vorschein. Das Wetter wurde zunehmend besser und sogar die Startrampe war plötzlich aus dem dunklen Grau in helle Farben gerückt.
Der Blick auf die Atlantis und dem Startkomplex war atemberaubend. Man konnte sehr deutlich den Orbiter an den Raketen erkennen und die Service Struktur des Launchtowers war bereits seit einigen Stunden weggefahren, so dass man direkten Blick auf den Shuttle hatte. Im Teleskop konnte man bei starker Vergrößerung alle Details beobachten. Auch das Logo der NASA und die Flagge der USA, sowie der Name Atlantis konnte man sehen. Die Luft flimmerte aber dennoch bei dieser Entfernung, so dass man es auf dem Foto nicht knackscharf abbilden konnte. Doch die Bilder sprechen für sich. Den letzten Start eines Shuttles, mit dem Wetterglück und diesem Aussichtspunkt stand nun nichts mehr im Wege.
Wenige Minuten vor dem Start konnte man beobachten, wie zuerst der Servicearm vom Orbiter entfernt wurde und später wie der Tankstutzen vom Haupttank des Außentanks (ET) weg geklappt wurde. Der Servicearm ist die Brücke zwischen Launchtower und Orbiter, auf welchem die Astronauten das Shuttle betreten. Dieser bleibt aus Sicherheitsgründen am Orbiter, so dass die Crew im Falle eines Startabbruches oder Notfalls den Komplex schnell verlassen können. Wenn die Tankkappe entfernt wird, dauert es eigentlich nur noch 2 Minuten bis zum Start, doch wahrscheinlich wollte man die Spannung noch etwas steigern, so dass es einige Sekunden Startverzögerung gab. Ringsherum wartete man nun auf das Zünden der Triebwerke, weil dies eigentlich 120s nach dem HAT Removing stattfindet. Die Spannung war kaum zu überbieten, denn noch Stunden vorher hätte kaum einer mit einem Liftoff an diesem Tage, bei dem schlechten Wetter der Nacht zuvor gerechnet.
Doch dann war es soweit und um 11:28 Uhr EDT startete die Raumfähre Atlantis zur letzten Shuttle Mission STS 135 in den Himmel.Mit hellen, orangefarbenen Flammen hob das 2000t schwere Raumschiff langsam vom Launchpad ab und die Menschenmassen jubelten und klatschten vor Begeisterung. Sehr schnell beschleunigte das Shuttle nun und setzte zum Rollmanöver an, welches bereits wenige Sekunden nach dem Start die Vorgabe des späteren Erdorbits ermöglicht. Somit dreht sich der Shuttle bei voller Beschleunigung kurz nach dem Start und zeigte sich dem Beobachter noch einmal in einer beeindruckenden Seitenansicht. Nach knapp einer Minute verschwand der Shuttle aber leider hinter den noch verbliebenen Wolkenfeldern, so dass er nicht mehr, oder nur noch einmal kurz in Wolkenlücken zu sehen war, ABER dafür war er ab diesem Zeitpunkt um so deutlicher zu hören. Da das Launchpad 39A ca. 15 km von uns entfernt stand, benötigt der Schall des Starts 45s bis zum Beobachter.
Mit einem erst dezenten, aber wenig später heftigem Grollen erklangen die Triebwerke des Shuttles überall in der Luft. Man spürte es leicht beben unter den Füßen und die Luft war erfüllt mit dem markanten Knistern und Donnern der beiden Feststoffraketen (SRB s). Für knapp eine Minute konnte man dieses beeindruckende Startgeräusch erleben und bekam ein kleines Gefühl dafür, wie energiegeladen Raumfahrt sein muss, um diese Leistung zu meistern, ein 2000 Tonnen schweres Raumschiff zum Abheben zu bringen. Mit über 20 Millionen PS schaffen es die Triebwerke des Space Shuttles aber doch und brachten die „Atlantis“ sicher und zuverlässig auf ihren Weg ins Weltall. Und wir waren dabei! Mit unseren Sternwarte Riesa Shirts standen wir in diesem historischen Moment nur wenige Kilometer vom Startturm entfernt und wurden Zeuge, wie diese erfolgreichste Ära der bemannten Raumfahrt nun erst einmal ihr Ende findet.
Mit diesem Start der STS 135 beendet die NASA das Space Shuttle Programm nach über 30 Jahren. Die Orbiter werden dann in Museen der USA weitergegeben und an die großen Erfolge dieser Ära nur noch aus Erzählungen und Bildern erinnern. Aus allen Ländern der Erde, aus allen Staaten der USA sind Menschen, jung und alt, zum KSC gekommen, um diesen Erfolg zu feiern und Zeuge des Beginns der letzten großen Mission STS zu werden.
Nun wird die Atlantis mit ihren 4 Astronauten 12 Tage im Orbit bleiben und ein letztes Mal an die Raumstation ISS andocken. Wenn alles klappt, wird die Atlantis am 20. Juli 2011 wieder im KSC landen, natürlich unter den neugierigen Blicken tausender Menschen und 2 Riesaern.
Wir hoffen, dass viele Bürger aus Riesa und Umgebung, sowie überall auf der Welt die Gelegenheit hatten, etwas von diesem historischen Ereignisses mitzubekommen. Den Start vielleicht über Internet, TV, Radio oder Zeitung verfolgt haben. In der Sternwarte Riesa waren die Pforten ebenfalls für viele Besucher geöffnet, sich den Start live über NASA TV im Vortragsraum mit anzuschauen. Auch zur Landung wird die Sternwarte geöffnet sein und mit Spannung das Ende der Mission STS 135 verfolgt werden.
Wir erholen uns jetzt erst einmal von dem fast 70 Stündigen Tag zwischen Abreise – Ankunft – Transfer zum KSC und Startbeobachtung. Mit nur 2 – 5 Stunden Schlaf in dieser Zeit war es zwar sehr aufregend, aber auch sehr anstrengend für uns. Doch wir waren dabei – der letzte Start eines Space Shuttles, das Ende einer Raumfahrtära und alles ging gut. Es ist ein tolles Erlebnis, was es ab sofort eben nicht mehr zu erleben gibt – zumindest nicht mehr live!
Mit astronautischen Space Shuttle Grüßen vom Außenposten der Riesaer Sternwarte
Stefan und Claudi von der Sternwarte Riesa